Sie sind in aller Munde, die verzweigten Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin. Diese BCAAs sollen während der Belastung für mehr Energie und nach der Belastung für bessere Regeneration sorgen. Was bringt ein gezieltes Supplementieren wirklich? Wir haben mit einem Experten gesprochen.
Was sind Aminosäuren?
Aminosäuren werden als Proteine mit der Nahrung aufgenommen. Proteine bestehen aus einer Kette von mindestens 1.000 Aminosäuren, welche erst während der Verdauung im Darm in ihre Grundbausteine zerlegt werden. Von da an gelangen die meisten Aminosäuren zur Leber, wo sie entweder in körpereigene Proteine umgewandelt, oder weiter verstoffwechselt werden.
Man unterscheidet zwischen essenziellen und nicht essenziellen Aminosäuren. Letztere können vom Körper selbstständig hergestellt werden, während die essenziellen Aminosäuren über die Nahrung zugeführt werden müssen. Viele Nahrungsergänzungsmittelhersteller bieten verschiedene Präparate an Aminosäuren an. Der Vorteil gegenüber herkömmlichen Eiweißpulvern ist dabei die schnellere Verfügbarkeit der Aminosäuren.
Wozu werden Aminosäuren benötigt?
Die zwei wichtigsten Funktionen der Aminosäuren sind für den Ausdauersportler zum einen die Energiebereitstellung während intensiven Belastungen und zum anderen die Wiederherstellung von Zellstrukturen nach Überbeanspruchung des muskulären Systems. Bei lange andauernden Belastungen nimmt der Anteil der Energiegewinnungen aus Proteinen zu. Dazu werden aus der Muskulatur Aminosäuren freigesetzt und in der Leber zu Glukose umgewandelt. Dies geschieht vor allem bei zunehmender Glykogenarmut.
Durch intensive Belastungen kommt es in der Muskulatur zu kleinsten Rissen in den kontraktilen Elementen. Das beschädigte Zellmaterial muss ausgetauscht und ersetzt werden. Als Bausteine hierfür dienen die Aminosäuren.
BCAA- das Wundermittel?
Besonders den BCAA Präparaten wird eine hohe Wirkung zugesagt. Es handelt sich dabei um die sogenannten verzweigtkettigen Aminosäuren Leucin, Isoleucin und Valin. Allein diese drei Aminosäuren machen einen großen Anteil des täglichen Bedarfes an essenziellen Aminosäuren aus.
Normalerweise werden Aminosäuren wie beschrieben in der Leber verstoffwechselt. Die verzweigtkettigen Aminosäuren können jedoch aus dem Blut direkt in der Muskulatur energetisch verwendet werden. In wissenschaftlichen Studien wurde belegt, dass durch die Einnahme von BCAA der Muskelabbau verzögert wird.
Wann sollte ich Aminosäuren zu mir nehmen?
Bei langen und intensiven Trainingseinheiten oder Wettkämpfen empfiehlt sich die Einnahme von Aminosäuren bereits während der Belastung. Somit können die im Blut freien Aminosäuren direkt zur Energiegewinnung herangezogen werden und der muskuläre Aminosäurenpool bleibt verschont. Somit wird der katabole (abbauende) Muskelstoffwechsel verhindert. Viele Sporternährungsfabrikanten fügen daher mittlerweile Aminosäuren ihren Energieriegeln und Gels hinzu.
Auch nach der Belastung ist die Zufuhr von Aminosäuren gut geeignet, denn dann ist die Muskulatur am aufnahmefähigsten für Nährstoffe. Es kommt zu einer schnelleren muskulären Regeneration, sowie muskelaufbauenden Prozessen.
Unser Tipp
Aminosäuren sind in vielen natürlichen Nahrungsmitteln in gut verfügbarer Form enthalten. Als besonders wirkungsvoll erweisen sich dabei Kombinationen aus tierischen und pflanzlichen Quellen. Zum Beispiel sind Kartoffeln mit Ei, Getreide mit Milch, oder Hülsenfrüchte mit Fleisch sehr gute Lieferanten.
Der Einsatz von Präparaten kann jedoch vor allem für die Einnahme direkt nach dem Training sinnvoll sein. Hier können nämlich große Portionen direkt nach der Belastung zu Verdauungsproblemen führen, da sich das für die Verdauung benötigte Blut zum größten Teil noch in der Muskulatur befindet.
Was sind BCAAs und welche Aufgaben haben sie?
Als BCAA werden die verzweigtkettigen Aminosäuren Valin, Leucin und Isoleucin bezeichnet. Sie dienen einerseits als Quelle zur Synthese von Glutamin und werden anderseits direkt im Muskel verstoffwechselt, während andere Aminosäuren über die Leber aufgenommen werden. BCAA dienen dem Körper hauptsächlich als Brennstoff unter Belastung. Bei ungenügendem Nachschub greift der Körper auf Muskelgewebe zurück, dass zu 35 Prozent aus BCAA besteht. Es wird also Muskulatur abgebaut, wenn nicht genügend BCAA über die Nahrung zugeführt wird.
BCAA ist die Abkürzung für „Branched Chain Amino Acides“ zu Deutsch „verzweigtkettige Aminosäuren“. Was bedeutet „verzweigtkettigen“?
Als verzweigtkettig werden die drei Aminosäuren (L-Leucine, L-Valine, L-Isoleucine) wegen ihrer nicht-linearen Seitenketten bezeichnet.
Stimmt es das BCAAs eine Ermüdung herauszögern können?
Unter Belastung wird das Verhältnis von BCAA zu der Aminosäure Tryptophan verändert, was die Bildung des müdigkeitsfördernden Serotonin beschleunigt. Die Zufuhr von BCAA bereits während der Leistung verhindert das Überhandnehmen von Serotonin und zögert damit die zentrale Ermüdung bei langen Ausdauerleistungen hinaus.
Welche Nahrungsmittel enthalten besonders viel dieser Aminosäuren?
Vor allem tierische, insbesondere Milch und Milchprodukte, enthalten hohe Anteile an BCAA im Bereich von 25 Prozent des Proteinanteils.
Kann man BCAAs überdosieren?
Schon Paracelsius wusste, dass man alles überdosieren kann, sogar Wasser. Eine Überdosierung kann aber nicht wie bei Vitamin- oder Mineralstoffpräparaten bereits bei ein paar Kapseln zu viel eintreten. Protein und Aminosäuren werden als Nährstoffe genutzt und verbrannt, eine Überdosierung kann erst bei sehr hohen Mengen eintreten, welche fast nicht realistisch sind. Erst ab 4 g/kg Körpergewicht pro Tag (= 240 g für eine 80 kg Person!) ist Vorsicht geboten. Ab solchen Mengen werden die Nieren übermäßig beansprucht, was heikel sein kann, wenn gleichzeitig zu wenig getrunken wird. Diese Mengen gelten generell für Protein, nicht nur für BCAA.
Welche Vorteile hat eine zusätzliche Supplementierung?
Eine gezielte Ergänzung mit BCAA hilft die körpereigenen Reserven zu schonen, minimiert den Protein- bzw. Muskelabbau nach einer Belastung und fördert die Muskelneubildung. Speziell Leucin zeigt sowohl via Insulin als auch insulin-unabhängige Effekte auf eine erhöhte Proteinsynthese, sprich Muskelaufbau und Regeneration. Eine Einnahme während der Belastung hilft zusätzlich die Zentralermüdung durch Serotonin zu verzögern.
Ab welchem sportlichen Umfang lohnt eine Supplementierung?
Während sich Kraftsportler meist über die Bedeutung von Protein für den Muskelaufbau bewusst sind und den zusätzlichen Bedarf mit Proteinsupplementen abdecken, vernachlässigen Ausdauersportler oft geradezu sträflich ihren Proteinbedarf. Es zeigt sich aber zunehmend, dass eine ungenügende Proteinzufuhr sogar eher ein Problem für Ausdauersportler darstellt, welche sich in einer negativen Energiebilanz befinden. Unter Ausdauertraining ist zudem die Proteinsynthese herabgesetzt und der Eiweißabbau steigt an.
Eine generelle Empfehlung lässt sich schwierig machen, da Umfang und Intensität gemeinsam zu berücksichtigen sind. Auch die tägliche Ernährung kann eine Ergänzung mehr oder weniger sinnvoll machen. Weiter ist zu unterscheiden, welcher Zweck mit der Einnahme verfolgt wird, als auch die generelle Zielsetzung des Sportlers.
Denn bei Gelegenheitssportlern spielt die körperliche Trainingsadaptation des Körpers nicht so optimal und rund wie bei einem Leistungssportler, was im Prinzip die resultierenden Effekte der Supplementierung gerade beim ambitionierten Hobbyathleten erhöhen kann. Allerdings hat er oft auch nicht dieselben hochgesteckten Ziele wie der Leistungssportler und muss/will oder kann nicht so schnell erholt und wieder leistungsfähig sein. Eine schnellere Ermüdung spielt für ihn weniger eine Rolle.
Darum soll die Frage eher lauten: Benötige ich die erzielbaren Effekte und nicht unbedingt ab welchem Umfang brauche ich etwas.
Warum wirken BCAAs anti-katabol (gegen den Muskelabbau)?
Einerseits dadurch, dass die körpereigenen BCAAs geschont werden. Weiterhin durch den insulinogenen Effekt (Wirkung auf den Insulinspiegel), aber im Fall von Leucin auch durch eine insulin-unabhängige, nicht ganz geklärte, Wirkung auf die Proteinsynthese (Umwandlung). Insgesamt scheint ein beschleunigter Aminosäuren-Transport und –Turnover (Umsatz) ausschlaggebend zu sein.
Gibt es unterschiedliche Darreichungsformen? Und gibt es jeweils Vor- und Nachteile?
BCAAs sind geschmacks- und geruchsneutral. Die Einnahmeform ist daher problemlos als Pulver, Kapseln oder Tabletten möglich. Das Pulver ist jedoch sehr fein und unter Umständen die Einbringung in eine Flüssigkeit nicht ganz einfach. Dafür sind Kapseln und Tabletten in relativ hoher Stückzahl einzunehmen und das Handling für unterwegs eventuell nachteilig. Bei Tabletten sind häufig noch Hilfsstoffe nötig, um den zeitgerechten Zerfall im Verdauungstrakt sicherzustellen.
Wie lang brauchen BCAAs bis sie vom Körper aufgenommen sind?
Da gibt es keine genauen Daten dazu. Dies ist auch abhängig vom restlichen Magen-Darminhalt und der gastro-intestinalen Aktivität aufgrund der Belastung. Die Aufnahmezeit ist vor allem von der Magenentleerungszeit abhängig und diese wiederum vom eingenommenen Flüssigkeits- beziehungsweise Nahrungsvolumen.
Über den Verdauungstrakt dauert es rund 30 Minuten bis ein erhöhter Aminosäurenumsatz in den Muskelzellen messbar ist. Diese Phase dauert nach Belastung rund zwei Stunden an. Dies ist ein Mitgrund des sogenannten „Open Window Effekt“ nach Belastung von zwei Stunden. In dieser Phase ist die Zufuhr von Kohlenhydraten und Protein zur Erholung besonders wichtig.
Bezüglich Einfluss auf den Serotoninspiegel im Hirn gibt es keine guten Daten hinsichtlich Einnahme-Zeitverlauf. Zeitlich relevant dürfte aber nur die Phase ab Einnahmezeitpunkt bis Eintreffen im Blut sein, da ab diesem Zeitpunkt die Konkurrenzsituation mit Tryptophan, um das Überwinden der Blut-Hirnschranke, eine Rolle spielt.
Bei welchen Trainingseinheiten lohnen BCAAs?
Kraftsportler nehmen BCAA während oder direkt nach der Belastung, um den Abbau von körpereigenem BCAA zu verhindern.
Dosierung: ca. 1 Gramm pro 10 kg Körpergewicht auf zwei Portionen kurz vor und nach der Belastung verteilt, oder mit dem Sportgetränk während dem Training.
Ausdauersportler nehmen BCAA vor oder während der Belastung zur verbesserten Ausdauer und um die Ermüdung hinauszuzögern.
Dosierung: ca. 0,5 bis 1 Gramm pro Stunde Leistung
Bei Einheiten rein regenerativer Natur ist eine separate Einnahme von BCAA während der Leistung sicher nicht nötig. Ansonsten gilt auch hier: Was ist das Ziel des Sportlers?