Jetzt ist Schluss - Anne Haug beendet ihre Triathlonkarriere

Lanzarote, 22.07.2025 - Anne Haug erklärte in einem Interview überraschend ihr Karriereende. Die 42-Jährige gilt als eine der erfolgreichsten deutschen Triathletinnen und prägte über mehr als ein Jahrzehnt die Spitze der nationalen und internationalen Triathlon-Szene. Noch im vergangenen Jahr stellte in Roth die aktuelle Weltbestzeit auf der Langdistanz bei den Frauen auf. Als Begründung nannte Haug vor allem mentale Erschöpfung.

Am 13. Juli 2025 gab es beim IRONMAN Vitoria-Gasteiz für Anne Haug ein Schlüsselerlebnis: eigentlich wollte sie hier ihren Startplatz für die IRONMAN WM auf Hawaii im Oktober validieren, doch kurz nach dem Wechsel auf die Laufstrecke brach die Weltmeisterin von 2019 das Rennen ab. Im Interview mit der WELT verriet sie:

"Ich konnte mir nicht mehr vorstellen, den Marathon zu laufen … da ist etwas im Kopf irgendwie kaputtgegangen, das nicht mehr zu reparieren ist.“

Dieses Rennen war für sie das Zeichen – die mentale Batterie war aufgebraucht, und ihr Wille, sich weiterhin über körperliche Schmerzen hinwegzusetzen, war erschöpft (das gesamte Interview gibt's hier).

Wir blicken zurück auf eine beeindruckende Karriere.

Kurzdistanz und Olympische Spiele

Anne Haug stammt aus Pegnitz (Geburtsdatum: 20. Januar 1983) und begann – relativ spät – ihre Triathlon-Karriere. Erst mit etwa 20 Jahren stieg sie in den Sport ein. Trotz ihrer Schwäche im Schwimmen entwickelte sie sich dank diszipliniertem Training schnell zu einer internationalen Konkurrenzathletin.

Im Alter von etwa 24 Jahren begann Haug mit Wettkämpfen auf nationalem und internationalem Level. Zwischen 2007 und 2010 nahm sie an zahlreichen ITU-Wettkämpfen teil und platzierte sich 14‑mal unter den Top 10. Im Jahr 2011 gewann sie eine Silbermedaille (Vize‑WM) sowie Bronze im World Triathlon Series (WTS) und wurde später auch Team-Weltmeisterin.

Olympische Spiele 2012 & 2016: Der erste große Meilenstein war die Olympia-Teilnahme 2012 in London, bei der sie als Elfte beste deutsche Athletin wurde. Im gleichen Jahr holte sie WM-Silber und WM-Bronze im WTS. Bei Olympia 2016 in Rio lief es weniger gut: Rang 36 war zugleich Tiefpunkt und Wendezeichen für ihre spätere Ausrichtung Richtung Langdistanz.

Umstieg auf Mittel- und Langdistanz ab 2017

Der Wechsel war mutig – weg von der Kurz- hin zur Mittel‑ und Langdistanz – doch er entpuppte sich als Durchbruch.

2017 – Erste Mitteldistanz-Erfolge: Ihr Debüt auf Ironman 70.3 Lanzarote gewann sie direkt und wurde später Zweite beim Ironman 70.3 Bahrain, vor namhaften Konkurrentinnen wie Daniela Ryf. Sie war auf der 70.3‑Distanz schnell etabliert.

2018 – erste Langdistanz inkl. Hawaii-Premiere: In Frankfurt startete sie erstmals die Ironman-Distanz und erreichte einen beachtlichen 4. Platz, womit sie sich für die erste Teilnahme an der Ironman-Weltmeisterschaft auf Hawaii qualifizierte. Bei ihrem Debüt in Kona katapultierte sie sich sofort aufs Podium: 3. Platz – eine herausragende Leistung für den Einstieg.

Mit diesen Erfolgen war klar: Anne Haug hatte ihre Schwächen im Schwimmen weitgehend durch eine starke Rad- und Laufleistung kompensiert – und ihr Trainer Dan Lorang begleitete sie auf diesem Weg. Sie kannten sich aus gemeinsamen Studienzeiten in München.

Karrierehöhepunkt: Ironman-Weltmeisterin 2019

Der große Durchbruch erfolgte am 12. Oktober 2019 in Kailua‑Kona (Hawaii). Beim abschließenden Marathon überholte Anne Haug die lange Zeit in Führung liegende Lucy Charles-Barclay und siegte als erste deutsche Frau bei der WM in Kona. Damit schrieb sie deutsche Triathlon-Geschichte. Dieses Ergebnis bescherte ihr auch die Auszeichnung zur Triathletin des Jahres 2019 und enormes nationales sowie internationales Prestige.

Nach dem Höhenflug 2019 hielt Haug ihr Niveau und sammelte weitere Erfolge:

2020: Als Vize‑Weltmeisterin bei der PTO World Championship wurde sie Zweite hinter Paula Findlay bei der Challenge Daytona bzw. PTO-Titelentscheidung in Florida.

2021: Sie gewann die Challenge Roth bei ihrer Premiere. Außerdem Bronze bei der European Championship Halbdistanz in Walchsee. Sie startete erstmals wieder stärker nach Corona-bedingter Pause.

2022: Erneut gewinnt Anne Haug bei der Challenge Roth, wurde in St. George bzw. Hawaii jeweils Dritte bei der Ironman-WM. Zudem wurde sie erneut mit dem Global Triathlon Award ausgezeichnet und erhielt den Bayerischen Verdienstorden als Anerkennung ihrer sportlichen Leistungen und ihres Engagements als "Sportbotschafterin".

Jahresbestleistungen 2023 und Weltbestzeit 2024

2023: Beim Ironman Hawaii lief sie erneut aufs Podium – diesmal Vizeweltmeisterin, nur knapp hinter Lucy Charles-Barclay. Dabei lief sie mit 2:48:23 h die schnellste Marathonzeit bei den Frauen auf Hawaii jemals. Außerdem gewann sie die PTO European Open in Ibiza. Am Ende des Jahres war sie erneut Nummer 1 der Weltrangliste und wurde erneut Triathletin des Jahres.

2024: Ein krankheitsbedingter später Saisonstart bereitete ihr Schwierigkeiten. Doch bei der Challenge Roth stürmte sie zurück: In beeindruckenden 8:02:38 Stunden unterbot sie die bisherige Weltbestzeit um beinahe sechs Minuten – ein Weltrekord und zugleich deutscher Rekord auf der Langdistanz. Dieser Sieg war ihr dritter Erfolg in Roth.

Beim Saisonhöhepunkt, der erstmals in Nizza ausgetragenen Ironman-WM für Frauen, war sie erneut Mitfavoritin. Doch ein technischer Defekt am Hinterrad wenige hundert Meter nach dem Start führte zum vorzeitigen Ausstieg – zum ersten Mal in ihrer Karriere DNF bei einem Langdistanzrennen.

2025: Nach erneuter Krankheit und Verletzung im Fühjahr konzentrierte sich Anne Haug vor allem auf die IRONMAN WM Hawaii im Oktober. Als ehemalige Weltmeisterin musste sie hierfür "nur" ihren Startplatz validieren, d.h. ein Rennen finishen. Dieses Rennen sollte der IRONMAN Vitoria Gasteiz sein.

Anne Haug zog nun ganz bewusst die Konsequenz: Nachdem sie realisierte, dass sich weder der Körper noch der Geist weiter hochpushen lassen, entschied sie sich, die Karriere zu beenden – so lange sie sich noch mit Respekt erinnern konnte, nicht nach dem körperlichen Limit kapitulieren zu müssen. Ein kraftvoller Schlussstrich, getragen von Selbstreflexion und dem Bewusstsein, dass der Sport nicht mehr erfüllte, was er früher einmal tat.


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